Das Buch “Bäuerliches Brotbacken in Westfalen” ist eine sehr interessante Sammlung aus Erfahurngsberichten über das Brotbacken zwischen 1880 und 1960. Leider gibt es keine Rezepte, aber doch viele Beschreibungen von Alltags- und Festbroten.
Eine Bezeichnung, die ich aus dem Buch gelernt habe ist “Beutelmehl” bzw. “gebeuteltes Mehl”. Der Begriff taucht in etlichen der Berichte auf und ich musste ein wenig recherchieren, bis ich eine Erklärung fand: Um das allerfeinste Mehl zu erhalten, wurde in der Mühle das Mehl im sogenannten Beutelkasten durch ein Tuch geschüttelt. Damit die feinsten Mehlteilchen durch das Tuch fiel, musste das Tuch kräftigst durchgerüttelt und geschlagen werden. Damit ist mir jetzt auch klar, woher der umgangsprachliche Ausdurck “gebeutelt werden” stammt.
Das Beutelmehl wurde sowohl für helle (Festtags-)Brote als auch für süße Stuten verwendet. Eines der hellen Brote aus gebeutelten Weizen- und Roggenmehl war der Bäckel, ein Kartoffelbrot aus dem Siegerland. In der Beschreibung aus Eiserfeld heißt es im Buch: “Entweder wurden sie als Laibe zu Hause geformt, aber rund, oder der Teig wurde ins Backhaus geschafft und dann aus dem Trog auf den Schieber geschöpft und eingeschoben”. Für meinen ersten Bäckel habe ich mich für den letzten Backtag im Museum die erste Variante entschieden. Die zweite ist aber auch noch im Hinterkopf gespeichert. Es lohnt sich bestimmt, auch sie auszuprobieren, denn der Bäckel ist köstlich! Es ist ein fein-aromatisches Brot, das durch den hohen Kartoffelanteil ausgesprochen saftig ist und ein verführerisch feine Krume hat.
Siegerländer Bäckel
ergibt 2 Brote
Roggensauerteig
- 200g Roggenmehl Type 1150
- 200g Wasser
- 20g Sauerteig
Teig
- 600g Mehl Type 550
- 600g gekochte, durchgepresste Kartoffeln
- 150g Wasser
- 20g Salz
- 5g Hefe
Für den Sauerteig, Wasser und Mehl miteinander verrühren. Bei 25°C (Mikrowelle mit eingeschalter Beleuchtung) etwa 12-16 Stunden gehen lassen.
Kartoffeln mit Schale kochen, pellen und durchpressen und auf Raumtemperatur abkühlen lassen. Nun alle Zutaten für den Teig erst 5 min bei langsamer Geschwindigkeit, dann 8 min bei hoher Geschwindigkeit kneten.
Den Teig entweder 2,5 Stunden bei Raumtemperatur gehen lassen.
Nun den Teig auf die bemehlte Arbeitsfläche stürzen, den Teig halbieren und zu runden Broten formen. Mit der Saumseite nach unten in gut ausgemehlten Gärkörbchen legen.
Das Brot 1,5 Stunden gehen lassen.
Im Holzbackofen bei 300°C einschießen und für 1 Stunde backen. Alternativ: Den Backstein auf 300°C aufheizen (wenn es der Ofen nicht hergibt: so heiß wie möglich ). Die Brote in den Ofen einschießen und käftig schwaden und die Temperatur nach 5 min auf 250°C reduzieren. 10 min bei 250°C backen, dann die Temperatur auf 180°C absenken und weiter 40 min backen. Für eine besonders knusprige Kruste kann die letzten 10 min der Ofen auf Umluft schalten.
Tipp: Wer das Brot zum nächsten Morgen im Kühlschrank gehen lassen möchte, sollte an Stelle des Roggensauerteiges einen Weizensauerteig verwenden und die 200g Roggenmehl dem Teig zusetzen. Dadurch vermeidet man, dass das Brot bei der langen Gare zu sauer wird.
Liebe Stefanie,
Das hört sich sehr lecker an. Würdest du bitte die Vorgehensweise für die Übernachtgare noch näher erläutern? I
Vielen Dank
Sylvia
@Sylvia: Du setzt morgens den Sauerteig mit
200g Mehl Type 550
200g Wasser
20g Sauerteig
an. In den Teig kommen dann
400g Mehl Type 550
200g Roggenmehl Type 1150
600g gekochte, durchgepresste Kartoffeln
150g Wasser
20g Salz
5g Hefe
Nach dem Kneten kannst du den Teig über Nacht im Kühlschrank gehen lassen, am nächsten Morgen formen und die Stückgare nach Rezept machen.
Alternativ kannst du auch den Teig wie im Rezept angegeben gehen lassen und das Brot im Kühlschrank über Nacht gehen lassen.
Müsste das beutelmehl nicht noch heller sein, als das 550er?
@Claudia: So fein wie heute war das Mehl wohl nicht, berichten die großelterlichen Erzählungen. Die Beutel waren wohl nicht aus aller feinsten Stoff, sondern aus etwas gröberen Leinen.
Dieses Brot ist meine neue Nr. 1: Sehr saftig, aber total fluffig. Göttlich! Ich wollte es erst über Nacht gehen lassen, aber der Sauerteig machte bei gestrigen sommerlichen Temperaturen wie wild, so dass ich das Brot doch abends noch buk. Superklasse!!!!
@Ulrike: Das freut mich, und ja, es ist gerade das beste “Sauerteig-Wetter” 🙂
Ich habe das Brot auch am Wochenende gebacken und habe mich für die Übernacht-Variante entschieden, um den Ofen bei der Hitze möglichst früh am Tag anzuheizen.
Das Brot ist sehr sehr lecker geworden, das backe ich auf jeden Fall nochmal!
Praktisch finde ich nebenbei noch, dass man eine relativ große Menge übrig gebliebener Kartoffeln unterkriegt.
Ich habe das Rezept ausprobiert und wir waren alle sehr begeistert. Ich habe das Brot im Topf gebacken, das hat sehr gut funktioniert. Da die Teigmenge zu groß war, habe ich aus einem Drittel des Teiges Brötchen geformt und gebacken, die sind ebenfalls sehr lecker geworden.
Ich habe das Brot am Vormittag gebacken und heute Abend vor dem Anschneiden nochmal gebacken. Die Kruste war dadurch richtig knusprig und innen war es immer noch super saftig und lecker. So lecker, dass wir es zu viert schon fast aufgegessen haben 😉
Ich freue mich darauf, dein neues Rezept für das Feierabendbrot auszuprobieren. Es ist immer schön etwas zu backen, was sich gut in den Alltag integrieren lässt.
Liebe Grüße Katja
@Katja: Das freut mich 😀 Doppelbacken ist immer eine klasse Methode für eine knusprige Kruste.
Hallo liebe Stefanie, dieses Brot möchte ich gerne nachbacken, aber am liebsten ohne Hefe. Ich habe einen umtriebigen LM, hättest du eine Idee, wie ich diesen statt der Hefe einbauen könnte? Liebe Grüße Jasmin
@Jasmin: Da der Sauerteig ja auch noch da ist, kannst du nicht mehr allzuviel LM dazugeben, damit nicht zuviel Mehl im Vorteig landet. 225g LM sind kein Problem, zieh entsprechend 150g Mehl und 75g Wasser im Hauptteig ab. Wenn dein Roggensauer fit ist, sollte das sogar ganz ohne Hefe bzw. LM klappen. Der Holzbackofen wartet nur auf niemanden, von daher backe ich da lieber mit etwas Hefe zur besseren Gehzeit-Kontrolle.
Liebe Stefanie, vielen Dank für die Antwort! Mein Roggensauer ist fit, aber ich mag gerne Brote mit zwei Sauerteigen. Ich backe im heimischen Ofen, obwohl das Museum ja gleich bei mir um die Ecke ist. Hab es einfach bisher noch nicht geschafft dort hin zu gehen..
Mein Ofen schafft aber, laut Hersteller die 300°C, das könnte ich ja bei der Gelegenheit testen. Ich berichte, wie es geklappt hat. Ein Lob noch: so schnell wie bei dir, bekomme ich nirgendwo Antworten auf meine Anfragen. Echt klasse!!
Hier meine Rückmeldung: Ich habe nun doch nur wenig LM mit in den Brotteig getan und die Hefe dazu genommen, ich hätte sonst nochmal auffrischen müssen und das hätte nicht in meinen Zeitplan gepasst.
Der Teig war bei mir superweich und ich hatte Mühe ihn den Backrahmen zu verfrachten, von rundwirken war da nix und ich dachte schon, ich fabriziere 4 hübsche Fladen. Aber er ist dann doch gut aufgegangen und im Ofen dann nochmal. Eine Testscheibe wurde schon verknuspert und das Brot schmeckt würzig und einfach großartig! Es ist aber auch jetzt total weich und fluffig, fast wie Toastbrot. Ich überlege, ob ich mich beim umrechnen der Kartoffelmenge vertan habe, aber 240g Pellkartoffelmehl und 960g Wasser bei doppeltem Rezept müssten doch stimmen, oder? Ich schicke dir mal Bilder per Mail.
Danke für das wunderbare Rezept, mein erstes Kartoffelbrot, so lecker 🙂
Hi Stefanie,
ginge dieses Rezept auch unverändert mit Dinkel statt Weizen? Ich dachte, ich könnte mir wegen der Kartoffelmenge das Gedöns mit dem Kochstück sparen 😉
Liebe Grüße von Isa
@Isa: Das sollte passen. Gib aber nicht alles Wasser auf einmal zum Teig, denn Kartoffeln schwanken in ihrem Wassergehalt. Darum ist es besser, einen kleinen Teil erstmal zurückzuhalten und erst peu a peu zum Teig zu geben.
Danke, ich probier das mal aus 🙂
Hallo Stefanie,
kannst du mir bitte erklären,
warum bei den Brot-Rezepten einmal die Stockgare und ein anderes mal die Stückgare die längere Gehzeit ist.
Hat das eine Auswirkung auf das Brot? Ich denke halt, dass es auf die gesamte „Gehzeit“ ankommt oder?
@Angelika: Sowohl die Stück- als auch die Stockgare beeinflussen das Erscheinungsbild deines Brotes (Krustenfarbe, Krumenbild, Ofentrieb). Dabei ist nicht die Gesamtzeit das wichtige, sondern die einzelnen Teilschritte. Mit der Stockgare kann ich unter anderem beeinflussen, wie offen die Krume ist, d.h. sehr lange Stockgaren haben tendentiell eine offenere Porung. Mit der Stückgare beeinflusst man vor allem den Ofentrieb, d.h. wie stark das Brot im Ofen noch aufgeht und einreißt. Eine knappe Gare geht stark auf und das Brot reißt stärker auf (wie bei diesem Rezept), ein Teigling mit Vollgare hat nur wenig Ofentrieb und reißt gar nicht auf (z.B. hier oder hier).
Und grundsätzlich werden alle Gehzeiten natürlich auch von Teigtemperatur, Sauerteigaktivität etc. beeinflusst.
Hallo Stefanie,
Ich habe dieses super leckerer Brot schon mehrmals gebacken, allerdings weiß ich nicht warum mein Teig so klebt und auch im Ofen nachdem er mega aufgegangen ist so flach backt? Ich habe die Wassermenge da ich eine festkochende Kartoffel genommen habe auf 80 ml reduziert und trotzdem ist derTeig so weich. Was mach ich falsch?
Liebe Grüße Sandra
@Sandra: Der Teig ist schon auf der klebrigen Seite, von daher passt das eigentlich schon – es erfordert etwas Übung, um mit weichen Teigen klar zu kommen. Notfalls kannst du auch das Wasser noch ein bisschen reduzieren. Das zweite Problem klingt nach einer klassischen Übergare: Der Teigling ist sehr stark aufgegangen, fällt aber im Ofen zusammen / bleibt flach. Die Gärblasen, die sich im Teig bilden, kann man sich wie Luftballons vorstellen: Bläst man Luftballons zu weit auf, platzen sie entweder direkt oder bei der leisesten Erschütterung. Genau das passiert bei einer Übergare, wenn das Brot in den Ofen geschoben wird: die Gärblasen platzen, das Brot sackt zusammen und geht auch nicht wieder auf (kaputte Luftballons lassen sich auch nicht wieder aufblasen). Gerade bei Broten mit Sauerteig oder Sauerteig-Beimischung können Gehzeiten vom Rezept abweichen. Auch die Temperatur, bei der der Teigling geht, spielt eine Rolle. Meine Rezepte sind – wenn nicht anders vermerkt – auf Raumtemperatur (20°C) ausgelegt. Eine gutes Indiz, ob ein Brot lange genug gegangen ist, ist der Daumendrucktest.
Hallo Stefanie,
Vielen Dank für die schnelle Antwort. Jetzt wo ich es lese stimmt es total. Bei mir in der Küche ist es immer so 24 Grad und ich werde die Zeit und das Wasser reduzieren. Auf jeden Fall könnte es geschmacklich nicht besser sein. Es schmeckt köstlich, der einzigste Nachteil ist, wir essen zu zweit fast jeden Tag ein ganzes 😂
Liebe Grüße Sandra