Bei den regionalen Broten bleiben wir im nördlichen Bundesgebiet. Genauer gesagt in Osnabrück, der Heimat des Springbrötchens. Dieses Brötchen soll in Notzeiten entstanden sein, als es kein hochwertiges, backstarkes Mehl gegeben hat. Entsprechend feinporig und etwas weniger volumig kommen die Springbrötchen daher. Um denoch eine schöne Kruste zu erziehlen, wird das Brötchen mehrfach mit verschiedenen Streichen eingestrichen. Dadurch erhält die Kruste das typische aufgesprungene Muster, dass auch für den Namen des Brötchens Pate stand.
Vom Geschmack her wurde mir das Brötchen folgendermaßen beschrieben: etwas süßlicher als normale Brötchen, die Kruste aber herzhafter. Dieses herzhafte Aroma stammt von der letzten Streiche, die aus Fett und einer guten Priese Hirschhornsalz besteht. Die basischen Bestandteile des Hirschhornsalz verlaugen dann beim Backen die Oberfläche des Brötchens ein wenig und sorgen so für den typischen Geschmack.
Bei den verschiedenen Streichen bin ich auf die unterschiedlichsten Varianten gestoßen. Am Ende habe ich mich bei den Mehlstreichen für ein helles Roggenmehl entschieden, während die Fettstreiche aus Pflanzenfett und Hirschhornsalz besteht. Man könnte hier aber auch Schmalz verwenden, dass würde das Aroma noch intensivieren.
Damit die Brötchen wie gewünscht eine leichte Süßnote aufweisen, habe ich sie mit einer etwas höheren Menge Milch und etwas zusätzlichen Zucker im Teig gebacken. Eine klein wenig Sauerteig aus dem Kühlschrank sorgt während der kalten Stockgare für zusätzliches Aroma, doch bleiben die Brötchen insgesamt mild und ausgewogen im Geschmack. Die zarte Süße bildet dabei einen reizvollen Kontrast zu der herzhaften Kruste. Insgesamt bin ich von den Brötchen sehr angetan, auch wenn sie durch das verwendete kleberärmere Mehl deutlich kleinporiger und weniger voluminösen bleiben, als ich es gewöhnt bin. Das Aroma ist spannend und auch optisch finde ich sie ausgesprochen attraktiv. In meinem Hinterkopf entsteht bereits eine weitere Variante mit Vorteig…
Und wo wir dabei sind, mein Aufruf ist und bleibt aktuell:
Springbrötchen
ergibt 10 Brötchen
Teig
- 500g Mehl Type 405
- 180g Wasser
- 90g Milch
- 20g Eigelb (von einem 1 Ei Größe L)
- 20g Öl
- 15g Zucker
- 5g inaktives Malz
- 10g Hefe
- 10g Sauerteig aus dem Kühlschrank (optional)
- 10g Salz
1. Streiche
- 10g Roggenmehl Type 1150
- 120g Wasser
2. Streiche
- 30g Roggenmehl Type 1150
- 40g Wasser
3. Streiche
- 50g festes Pflanzenfett (Kokosfett oder Backmagarine) oder Schmalz
- 2g Hirschhornsalz
Alle Zutaten für den Teig nun erst 5 min bei langsamer Geschwindigkeit, dann weiter 10 min auf schneller Geschwindigkeit kneten. Der Teig sollte weich, aber nicht klebrig sein und das Glutengerüst voll entwickelt haben.
Den Teig über Nacht im Kühlschrank gehen lassen.
Am nächsten Morgen die ersten zwei Streichen vorbereiten: Für die 1. Streiche das Roggenmehl mit dem Wasser verrühren und unter rühren zum Kochen bringen. Für die 2. Streiche Mehl und Wasser verrühren.
Nun die Brötchen in 80g-Stücke teilen und rundschleifen. Auf ein Backblech setzen und mit der 1. Streiche einstreichen.
45 min gehen lassen.
Nun die Brötchen mit der 2. Streiche einstreichen und sie für weitere 20 min gehen lassen.
In der Zwischenzeit die 3. Streiche vorbereiten. Dazu wird das Fett bei niedriger Temperatur geschmolzen (es sollte dabei maximal 50°C erreichen) und das Hirschhornsalz einrühren. Dabei schäumt das Fett kurz auf. Direkt vor dem Backen die Brötchen mit der 3. Streiche einstreichen.
Bei 250°C für 20 min backen. Die Brötchen sollen dabei eine kräftige Farbe annehmen. Es wird bei diesem Rezept nicht geschwadet!
English (UK)
so hübsch wie ungewöhnlich…
liebe Grüße
@Micha: Merci!
Schon wieder was zum Nachbacken 😂.
Aber siehst du, das auch Brot mit 405 Mehl gebacken irgendwie seinen “Reiz” hat ?
Schön sind sie die Brötchen. Und süß und herzhaft hört sich sehr vielversprechend an !
Schönes Wochenende !
Nicole
@Nicole: Bei diesen Brötchen gehört es ganz klar zum Charakter dazu, dass 405er Mehl verwendet wird und das hat seinen Reiz. Ich sehe aber auch einen deutlichen Unterschied im Volumen und “Flufffigkeit”(beides geringer) im Vergleich zu 550er Mehl – aber interessant ist es schon, man merkt dann auch mal wieder, warum normalerweise das 550er Mehl verwendet wird 😀
Springbrötchen,,,,noch nie gehört,,,
Interessantes Rezept,vielenDank dafür,,
Liebe Grüße
Bille,,
@Bille: Das macht für mich auch den Reiz der “Regionalen Brote”-Reihe aus. Ich stoße(oder werde gestoßen) auf ganz ungewöhliche Rezepte. Und das finde ich wahnsinnig spannend!
Hallo Stefanie,
Immer wenn ich über deine regionalen Brote lese, muss ich an den im Münsterland heimischen Brauch des “Weggen wegbringens” denken. Ein Weggen ist ein Rosinenbrot, dass je nach Anzahl der zu versorgenden Gäste unterschiedlich lang ist (1m und mehr) und zur Geburt eines Kindes der Familie gebracht und sogleich verspeist wird, um den Neuankömmling zu feiern. Es gibt dazu Butter und Westfählischen Schinken. Auch wieder so eine Süß-Herzhaft-Kombi. Ich habe Weggen schon lange nicht mehr gegessen, es gehört aber zu meinen Kindheits-Geschmackserinnerungen, ihn sehr lecker befunden zu haben (auch ohne Schinken). Leider habe ich kein Rezept, vor allem keines gefunden, welches mit einer akzeptablen Menge an Hefe auskommt und nicht so klingt, als wäre es kurz nach dem Backen schon zu trocken. Vielleicht passt so ein Weggen ja in die Frühlings- und Osterzeit…
Viele Grüße
Vera
@Vera: Super, genau diese Erinnerungen suche ich 😀 Weißt du noch, wie der Weggen aussah? Ich habe gerade verschiedene Varianten gefunden, zum Teil sind es Zöpfe, zum Teil geformte Brote. Auf einen ganzen Meter werden wir im heimischen Ofen aber nicht kommen 😉
Die süß-herzhaft Kombi kenne ich auch aus der Aachener Umgebung. Der öscher Poschweck (Rosinen, Zuckerwürfel, Mandeln) wird wohl gerne mit Leberwurst gegessen.
Hallo Steffi,
Der Weggen an den ich mich erinnere war RIESIG (weil ich ja klein 🙂 ) geformt aber nicht als Zopf, sondern als längliches Brot. Erinnert von der Form eher an eine Stollen (passend zum Kind). Die Kruste war glänzend und durchaus dunkel, was ja bei süßen Teigen schnell eintritt. Innen weich, nicht zu süß und nicht so fluffig, wie ein Rosinenbrötchen oder Brioche.
LG Vera
@Vera: Danke!
Kannst du dich daran erinnern, ob der Weggen schon geschnitten gebracht wurde?
Ich hab mal bei einem FastFood-Sandwichbeleger gearbeitet. Und das war deren Trick, um das MeterSandwich anbietenzu können:
Drei Teiglinge geflochten gaben ein dickeres Brot und drei davon nebeneinander waren dann das Riesenbrot. Die Enden wurden gekappt, dass es aussah, als wäre es nur ein geschnittenes Brot.
Endlich habe ich es geschafft, die Springbrötchen nach zu backen, wo ich sie doch vorgeschlagen hatte. Die Brötchen sind tatsächlich nur im engeren Osnabrücker Land bekannt. Ein Kollege wohnt nur gute 20 km entfernt, dort gibt es die Brötchen schon nicht mehr.
Meine Brötchen sind toll geworden. Weil meine Familie im Gegensatz zu mir nicht auf Springbrötchen steht, hab ich einen Teil nicht mehr mit der Fettstreiche eingestrichen, sondern mit Käse belegt. Kam sehr gut an. Das nächste Mal muss ich darauf achten, die Mehlstreichen nicht so dünn auf das Brötchen zu machen, dann ist auch die leckere Kruste dicker.
Ich bekam dann gleich den Auftrag die noch einmal zu backen.
Bei den meisten selbst gebackenen Brötchen finde ich sie warm am leckersten. Diese fand ich ausgekühlt abends noch besser.
Ein Bäcker hat hier ein Springbrot im Angebot: ein rustikales Weizenlandbrot mit Roggenanteil und der Kruste der Springbrötchen. Nicht traditionell und hat bis auf die Kruste nichts mit den Brötchen gemein, aber auch lecker.
Endlich gab es im Supermarkt wieder Hirschhornsalz und ich konnte diese Brötchen hier von der Nachbackliste streichen. Der Kontrast zwischen der herzhaften Kruste und der süßlichen Krume ist wirklich großartig =D
Ich hab aus reiner Neugier noch ein zwei Fragen, wenn das okay ist:
1) Nimmst du für die Streiche Roggenmehl wegen des Aromas oder wegen der physikalischen Eigenschaften? Sprich, könnte man auch mal Dinkel oder Weizen probieren?
2) Könnte man mit mehr Hirschhornsalz einen stärkeren Laugen-Effekt erzielen? Und ist es normal, dass sich das Salz nicht so richtig im Fett löst, oder war mein Fett nicht warm genug?
Danke für deine tollen Rezepte =)
Julia
@Julia: Schön, dass sie dir geschmeckt haben 😀
Zu deinen Fragen:
1) Das Roggenmehl entspricht dem überlieferten Rezept. Ich kann mir aber vorstellen, dass bei Weizen- oder Dinkelmehl aufgrund des Klebergerüsts sich wahrscheinlich nicht so schöne Risse bilden. Man müsste es aber mal ausprobieren 🙂
2) Das Salz hat sich bei mir auch nicht richtig aufgelöst – Salze lösen sich in Fett halt nicht wie in Wasser. Und mit 2g Hirschhornsalz auf 50g Fett ist die Dosierung eigentlich schon recht hoch. Ich glaube nicht, dass eine höhere Menge viel bringen wird, da es sich bei Hirschhornsalz um eine sehr schwache Base handelt – im Gegensatz zur Natronlauge, die eine starke Base ist.